Diagnose:Schizophasie Band 1

Marie saß stumm auf ihrem Bett und sah Jean in die Augen. "Ich bin Marie.", sagte sie abermals zu ihm und lächelte ihn an.
"Ich bin Jean.", entgegnete er ihr. Es waren die ersten drei Worte, die er über seine Lippen brachte, seit er sie gesehen hatte. Er hatte eine Hure erwartet und einen Engel vorgefunden. Er war derart überrascht, eine bildschöne Frau anstatt einer verdorbenen Hure vorzufinden. Dies hatte ihm in der Tat die Sprache verschlagen.
"Hallo, Jean.", sagte sie und lächelte ihn abermals an.
'... was für ein zauberhaftes Lächeln...', dachte er und antwortete: "Hallo, Marie." Jean war überwältigt, überwältigt von ihrer Schönheit, überwältigt von ihrer Art, überwältigt von dem sanften Klang ihrer Stimme, überwältigt von ihrem Lächeln, überwältigt von dem Zauber, der von ihr ausging.
'... Jean... was für ein schöner Name. Weißt du, dass du mein goldener Reiter bist? Du bist schüchtern, nicht wahr? Mein goldener Reiter ist schüchtern, wie süß!... oh, könntest du ihn nur sehen, Marie-Madeleine! Und es gibt ihn doch!... Jean... Jean... du bist ganz anders als die anderen... anders als Nestor... ich bin glücklich, dass du zu mir gekommen bist und nicht er... ich hasse ihn, weißt du?... ich hasse ihn sogar sehr... aber wieso bist du hier? Hat er dich etwa geschickt? Aber wieso? Wieso nur? Wieso durftest du zu mir kommen? Bist du gekommen, um mich zu retten, mich hier herauszuholen? Oh Jean, wie schön das wäre... oder träume ich schon wieder?...' Maries Gedanken überschlugen sich, während sie ihn betrachtete. Er hatte unglaublich schöne rehbraune Augen. Es war genauso, wie in ihren Träumen. "Was soll ich tun, Jean?", fragte sie ihn erneut.
"Nichts, Marie.", antwortete er und sah sie an. "Weißt du eigentlich, wie schön du bist!?", sagte er plötzlich.
Marie wurde verlegen und senkte leicht den Kopf.
"Ich hab' weder auf der Uni noch auf der Schule eine so bildschöne Frau gesehen! Wobei du ja eigentlich eher noch ein Mädchen bist. Wie alt bist du, Marie?", fragte er sie.
"Achtzehn!", antwortete sie rasch.
"Wirklich?"
Sie nickte.
Sie sahen sich stumm an.
Jean konnte sich kaum an ihren umwerfend blauen Augen satt sehen. Tief sah er in sie hinein. Schon lange hatte er vergessen, dass er sie bezahlen wollte, bezahlen dafür, dass sie ihm seine Ruhe ließ. Doch nun, da er vor ihr saß, wollte er nicht mehr in Ruhe gelassen werden. "Marie, darf ich dein Haar berühren?", fragte er plötzlich.
"Mein Haar?" Sie sah ihn verwundert an.
Er nickte und strich sich im selben Moment mit seinen Händen verlegen sein gewelltes Haar hinter die Ohren. Das tat er grundsätzlich, wenn er nervös war.
"Ja.", antwortete sie leise.
Jean erhob seine rechte Hand und berührte Maries gewelltes, langes, dichtes Haar. Es fühlte sich in seiner Hand so wunderbar weich an. Das Blond ihrer Strähne hob sich deutlich von der Farbe seiner Handfläche ab. Er zog sie sich vor seine Nase und roch daran. Es duftete wie ein Meer voller Rosen.
'... hat ihn Nestor geschickt? Das kann unmöglich sein. Er ist ganz anders. Er passt nicht zu ihm... wie kann das nur sein, dass er hier ist... träume ich etwa? Nein! Ich bin doch wach! Er muss mein goldener Reiter sein... er muss es einfach sein!' Marie beobachtete Jean, während er an ihrer Haarsträhne roch.
Er ließ Maries Haarsträhne aus der Hand gleiten und sah sie abermals an, sah ihr tief in ihre blauen Augen. "Marie, darf ich deine Wangen berühren?" Jean wusste nicht, was mit ihm geschah und was ihn antrieb, Dinge zu sagen, die ihm heute Morgen noch nicht einmal im Entferntesten in den Sinn gekommen wären, Dinge zu tun, die ihm am Nachmittag noch völlig egal gewesen waren, sich Sachen zu wünschen, die er bis vor einer Stunde noch für völlig unmöglich gehalten hatte. Was war nur los mit ihm? Er konnte sich selbst nicht mehr verstehen. '... oh Gott, ich muss dich unbedingt berühren... ich habe noch niemals eine Frau berührt, weißt du das? Na ja, eigentlich bist du ja eher ein Mädchen... Aber das macht nichts, ich bin ja auch noch kein Mann, sondern nur ein dummer, unerfahrener großer Junge... Wie du dich wohl anfühlen wirst, Marie?...' Seine Gedanken sprangen wirr durcheinander. Langsam erwachte die Liebeslust aus deren Tiefschlaf.
Marie nickte.
"Danke, Marie." Jeans Herz pochte ohne Unterlass, es hämmerte wild in seiner Brust. Er erhob abermals seine rechte Hand und begann, sanft Maries Wangen zu streicheln.
Marie erzitterte unter seinen sanften Berührungen. Er war überaus zärtlich zu ihr. Zärtlichkeit war ihr bis zu diesem Zeitpunkt immer ein Fremdwort gewesen. Die Männer, die zu ihr gekommen waren, hatten sich genommen, was sie wollten und waren anschließend auch immer gleich wieder gegangen. Die meisten von ihnen hatten noch nicht einmal mit ihr gesprochen, sondern ihr lediglich schweinische Sachen ins Ohr geflüstert, bevor sie sich in ihrem Körper ergossen hatten. Sie hasste sie und sie hasste sich dafür, es ohne Gegenwehr zugelassen zu haben. Nestor hatte in letzter Zeit sogar immer wieder versucht, zärtlicher zu ihr zu sein. Sie hatte das bemerkt. Doch da sie ihn abgrundtief verabscheute, konnte sie seine Zärtlichkeiten nicht erwidern und war deshalb immer öfter dafür von ihm geschlagen worden.
'... oh Gott, kann es sein, dass ich die Frau meiner Träume hier finde? Hier im Cécile ?... oh Gott, sie sieht mich an wie ein Engel... was für traumhaft schöne Augen sie nur hat... dieses Blau... wenn du mich noch weiter so ansiehst, dann kann ich für nichts mehr garantieren, Marie... mein Herz hast du bereits verzaubert. Am liebsten würde ich es mir aus der Brust reißen, um es dir zu schenken... Marie, Marie... du hast mich im Sturm erobert... aber wie ist das nur möglich gewesen? Ohne dass es mir so wirklich bewusst geworden ist? Es ging so verdammt schnell!... deine Haut ist so weich... oh Gott, ich würde dich am liebsten küssen... küssen auf deinen zauberhaften, süßen Mund... deine Lippen mit meinen berühren... oh Gott, Marie... kann das Liebe sein, was ich auf einmal empfinde... kann es sein, dass ich eine Hure erwarte, aber einen Engel vorfinde?... kann es sein, dass ich mein Herz an dich verloren habe... oh Marie, Marie... du süße Hexe... du hast mich verzaubert... ich bin verrückt nach deinem zauberhaften Kussmund... ich bin verrückt nach deinen vollen Lippen... sieh' mich nicht so an Marie... noch einen solchen von deinen Blicken und ich kann mein Herz nicht mehr vor dir retten... du Diebin... oh, du süße Diebin... ich will dich küssen...' Jeans Gedanken überschlugen sich. Sein Herz trommelte wild in seiner Brust. "Marie, darf ich dich küssen? Darf ich?" Er sah sie erwartungsvoll an.
Sie nickte.
Langsam näherte er sich mit seinen Lippen den ihrigen. Er öffnete leicht seinen Mund, berührte mit seiner Zunge ihre Lippen, dann stieß er sie sanft hinein und begann, sie zärtlich zu küssen. Sie erwiderte seinen sanften Kuss. Jean legte während dieses Kusses seine Arme um ihre Schultern und zog sie fest an sich heran. Sie fühlte sich so wunderbar weich an. Ihr dichtes, langes Haar kitzelte seine Fingerspitzen. Er wurde immer leidenschaftlicher. Er wurde immer stürmischer. Er wurde immer wilder. Er wollte mehr, mehr als nur einen Kuss. Sie hatte das Feuer mit nur diesem einen Kuss in ihm entfacht. Er verspürte einen noch nie dagewesenen Drang in sich, sich mit ihr zu lieben. Die blinde Gier nach ihr hatte mit einem Mal Besitz von ihm ergriffen. Nach diesem wilden Kuss entfernte er sich von ihren Lippen und sah sie an, sah ihr tief in ihre strahlend blauen Augen. '... Marie, oh Marie, ich kann es nicht erklären... ich weiß nicht wieso das mit mir geschieht... aber ich will dich, ich will dich haben... oh Gott, weiß ich denn überhaupt, wie das geht? Ich darf mir nichts anmerken lassen... wird sie mich überhaupt wollen?... Jean, du bist ein Dummkopf, sie ist ein Hure, sie muss es tun... sie muss es wollen!... sie hat keine andere Wahl... nein! Sie ist keine Hure! Und sie muss es auch nicht tun, wenn sie es nicht will...
Copyright 2008 by Darja Behnsch

Klappentext von Diagnose: Schizophasie Band 1
Autorin: Darja Behnsch
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Paris, Frankreich. Im Jahr 2003. Ein Serienkiller, erstmals durch die Pariser Zeitung La Vitesse-Lumière 'Black Angel' getauft, mordet seit nunmehr fast zwei Monaten. Aus dem Nichts taucht er auf wie ein Phantom und sucht sich seine Opfer aus der Adelsschicht. Einen sichtbaren Verbindungspunkt zwischen den Opfern gibt es jedoch nicht. Die Pariser Tageszeitung wirft demnach schon nach dem zweiten Mord die Vermutung auf, es handele sich bei diesen Serienmorden um einen Killer, der aller Voraussicht nach ein Gegner des Adelsstandes zu sein scheint. Die Polizei kommt keinen Schritt weiter. Nicht nur der Hochadel, sondern auch die Presse setzt die Pariser Polizei massiv unter Druck. Ihr wird totale Unfähigkeit vorgeworfen, was Inspektor Léon Dumas in deren Artikeln am härtesten zu spüren bekommt. Erst der vierte Mord bringt Bewegung ins Spiel. Aber was hat Isabelle Dion damit zu tun? Um dies herauszufinden, sucht sie Dumas in deren Wohnung auf. Dort trifft er ganz unerwartet auf David Fort, einen ihm verhassten Ex-Polizisten. Trotz seiner Aversion ihm gegenüber begibt sich Dumas gemeinsam mit Fort auf die Suche, um die Identität und das Motiv des Killers aufzudecken. Doch welches Geheimnis birgt seine Vergangenheit? Sex, Lügen, Intrigen? Oder gar Liebe? Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Copyright 2008 by Darja Behnsch