Fortsetzung des Artikels aus dem Tagesanzeiger:
Das sagt die SexologinDie Diskussion um die Sexualität von Menschen mit einer Behinderung sei noch am Anfang, sagt Esther Elisabeth Schütz, die das Institut für Sexualpädagogik und Sexualtherapie Uster leitet. Was Isabelle Kölbl anbietet, entspricht für Schütz dem Leitbild, das die Fachstelle für Behinderung und Sexualität (Fabs) entworfen hat. «Menschen und ihre Sexualität dürfen nicht über ihre Behinderung definiert werden», schrieben die Fachleute dort. Mittel- bis langfristig sollten «professionelle Prostituierte solche Dienstleistungen erbringen». «Möglich, dass Isabelle Kölbl die Erste ist, die das öffentlich deklariert und so anbietet», sagt Esther Elisabeth Schütz. Sie unterstützt die Auffassung der Fabs und denkt dabei vor allem an Menschen mit einem geistigen Handicap. «Ein 15-Jähriger mit geistiger Behinderung interessiert sich genauso für echte Jugendhefte und nackte Frauen», sagt Esther Elisabeth Schütz. Die Selbstbefriedigung und die Fähigkeit, eine Frau zu verführen, würden aber noch zu wenig gefördert. «Entsprechend gross ist die Herausforderung, dass sich der Mann nicht in die Sexualbegleiterin verliebt», sagt Schütz. Es brauche Anbieter, die mit Nähe und Distanz umgehen könnten. «Eine Prostituierte mit langjähriger Erfahrung bietet sich körperlich an, niemals aber emotional. Das ist zentral, damit möglichst wenig Träume einer Liebesbeziehung aufkommen.» Wichtig sei zum Beispiel auch, dass der Mann die Prostituierte zahle, und zwar vor der Dienstleistung. Dass es zwischen der Sexarbeiterin und dem Mann zu langen Gesprächen kommt, findet Esther Elisabeth Schütz nicht optimal. «Es ist wichtig, dass der Besuch im Vorfeld und danach begleitet wird. Und das ist die Aufgabe von Fachleuten, nicht von Prostituierten.»Die neue InternetseiteAuf der Seite [COLOR=#027a9c]Sexcare.ch können Prostituierte inserieren. Sie geben an, auf welche Behinderungen sie eingehen können, zum Beispiel ob ihr Studio rollstuhlgängig ist oder ob sie Männer mit Demenz bedienen.[/COLOR]
Vor dem Inserieren ist eine Schulung Pflicht. Im eintägigen Workshop lernen die Frauen, wie sie auf Männer mit einem Handicap eingehen können. Durch die Schulung, witzelt Isabelle Kölbl, würden die Frauen «Isa-zertifiziert», also die Qualität garantiert. Der Workshop kostet, danach zahlen die Frauen rund 400 Franken pro Monat für ihr Inserat – das ist der übliche Preis in der Branche. Es sei schwierig, gute Frauen zu finden, sagt Kölbl. Aktuell haben acht Prostituierte ein Profil.
Die Seite bedeutet für Isabelle ein Risiko. Nicht nur, weil sie und zwei Projektpartner je 9000 Franken investieren. Isabelle Kölbl gibt auch ihre Exklusivität auf. Langfristig hofft sie aber, dass Sexcare Einnahmen generiert und ihre Altersversicherung wird.Berner ZeitungErstellt: 19.02.2014, 16:10 Uhr